Ultralauf-Event: Kini Trail 2018

Königliche Trails, königliche Aussichten: Beim Kini Trail im Allgäu kommen Trail- und Naturliebhaber voll auf ihre Kosten. Die jährlich variierende Strecke führt +/- 54 km an den schönsten Seen und Schlössern vorbei. Und auch Höhenmeter und Bergblicke kommen nicht zu kurz. Für mich war es eine wunderschöne Ultralauf-Premiere!

Schloss Neuschwanstein vor dem Start des Kini Trail

„Der Kini Trail ist ein Genuss- und Landschaftslauf ohne Renncharakter. Wir wollen mit der Veranstaltung alte Freunde zusammen bringen, für neue Freundschaften sorgen, Läufer zu Ultraläufern machen, Ultraläufer begeistern und einen tollen Tag für Euch organisieren.“

Mit diesen Worten läutet Christian Münzing die Ausschreibung des Kini Trails ein. Sehr sympathisch, wie ich fand! Und genau das, was ich mir für meine „offizielle“ Ultralauf-Premiere wünschte. Lauf- und Naturgenuss statt Wettkampfstress, Gemeinschaftssinn statt Konkurrenzdenken.

Kini Trail Starter

Über die DAV-Berglaufgruppe Flinkfüßer fand ich sofort Gleichgesinnte, die Lust auf ein Lauf- und Genusswochenende im Allgäu hatten.

Als ich am Vorabend Roberto und Melanie kennenlernte, verstanden wir uns sofort super. Und nachdem Melanie und ich festgestellt hatten, dass wir auf kürzeren Distanzen etwa gleich schnell sind und es für uns beide ein entspanntes Ultralauf-Debüt werden sollte, liefen wir sogar den gesamten Kini Trail zusammen.

Spätestens danach kam es uns so vor, als wären wir schon ewig befreundet – Ultralaufen verbindet! 🙂

Aber zurück zum Kini Trail.

Quick Facts für die Ungeduldigen:

Zeit und Ort: Jedes Jahr Anfang November in Schwangau; Start 7:30 Uhr, Zielschluss 17:00 Uhr

Strecke: +/- 54 km und +/- 1600 hm, je nach persönlichen Navigationskünsten auch mehr (keine Streckenmarkierung)

Verpflegung: 4 Verpflegungspunkte (VP), die keine Wünsche offen lassen (Wasser, Tee, Iso, Cola, Brühe, Kuchen, Kartoffeln, Brote, Erdnüsse, und und und… Wer ins Energiedefizit kommt, ist selbst schuld!) plus Zielverpflegung (Getränke, Kuchen, Allgäuer Kässpatzn)

Teilnehmerlimit: 50

Übernachtungsmöglichkeit: Läufer-Rabatt, frühes Läufer-Frühstück und After-Run-Sauna im Hotel Weinbauer (1,5 km vom Start), weitere vielzählige Übernachtungsmöglichkeiten in Schwangau und Füssen

Streckenverlauf Kini Trail 2018

Höhenprofil Kini Trail 2018

Run day, fun day: Meine Ultralauf-Premiere auf dem Kini Trail

Start – VP1 (14,7 km)

Da ich beim Frühstück unbedingt noch einen Nachschlag nehmen wollte, mussten wir danach zügiger als geplant zum Start am Parkplatz der Tegelbergbahn traben. Das Briefing war schon in vollem Gange, aber wir konnten zumindest noch aufschnappen, welcher der beiden Alternativ-GPS-Tracks nun angesagt war. Schon ein paar Tage zuvor hatten wir die Information erhalten, dass die Originalstrecke über 52 km wegen Sturmschäden stellenweise umgeleitet werden musste. Aber ein paar km mehr oder weniger machten bei so einem Lauf keinen Unterschied, wurde uns Ultratrail-Rookies beruhigend zugeflüstert.

Startaufstellung beim Kini Trail

Pünktlich um 7:30 Uhr ging es los – ganz unspektakulär mit den Worten „Na, dann legen wir mal los. 3-2-1. Viel Spaß!“ Entspannt setzte sich die Teilnehmergruppe in Bewegung. Okay, zumindest 48 von 50, denn zwei Raketen (u.a. Roberto) schossen vorneweg und sollten letztlich nach unter 6 Stunden auf Platz 1 und 2 ins Ziel laufen.

Der Rest teilte sich relativ bald in zwei schnatternde Grüppchen auf. Melanie und ich liefen zwar bei der vorderen Gruppe mit, fielen aber aufgrund von unabdingbaren Fotostops immer mal wieder zurück. Zu schön waren die Impressionen, die sich uns im Morgengrauen boten!

Schloss Neuschwanstein und Schwansee

Über einen schönen Waldweg ging es mit Blick auf Schloss Neuschwanstein am Schwansee entlang. Weiter ging es Richtung Füssener Schlosspark – mit ca. 3-4 km die einzige „längere“ Asphaltpassage. Doch gleich im Anschluss wurden wir mit herbstlichen Waldwegen und flowigen Trails belohnt.

Kini Trail durch den Herbstwald

Downhill vor dem Alatsee beim Kini Trail

Gar nicht so einfach, auf den kleinen Pfaden und unter der dichten Laubdecke immer die richtige Abzweigung zu finden! Insofern waren wir ganz froh, in einer Gruppe von 5-6 Läufern unterwegs zu sein und gemeinschaftlich zu navigieren.

Off-road beim Kini Trail

Gegen 9 Uhr erreichten wir nach ca. 14,7 km und knapp 300 hm die erste Verpflegungsstelle am Alatsee. Obwohl ich noch keinen Durst oder Hunger spürte, trank ich eine Tasse Tee und naschte meinen favorite running snack: Neapolitaner-Schnitten! Schließlich würden wir im folgenden Streckenabschnitt beim Anstieg auf den Salober ein wenig Energie brauchen.

Kini Trail Selfie am Alatsee

Verpflegung auf dem Kini Trail

VP1 – VP2 (28,5 km)

Nun ging es über einen Waldweg zum Weißensee. Ein 6 km langer Rundweg führt auf Trails und Kieswegen einmal um den See herum.

Felsenloch am Weißensee

Kini Trail: Umrundung des Weißensees

Auf dem letzten Kilometer waren wir so auf den wurzeligen Untergrund konzentriert (oder haben wir einfach zuviel gequatscht?), dass wir eine Abzweigung verpassten. Zum Glück wurde uns der Fehler nach einigen hundert Metern bewusst und wir liefen ein Stück zurück. Über einen steilen, mit Blättern bedeckten Hang gelangten wir schließlich eine Etage höher auf die richtige Strecke.

Nach ein paar Minuten auf dem Trail erwartete uns bei km 24 eine Überraschung: Ein Mini-VP mit Iso und Wasser! Dankbar für die Zusatz-Energie und die Erinnerung, genug zu trinken, kippten wir ein paar Becher hinunter und machten uns dann weiter an den Aufstieg.

Auf den knapp 4 km zum höchsten Punkt des Kini Trails galt es, rund 360 hm zu überwinden. Teilweise mit laufbarer Steigung auf Forstwegen…

Bergauf beim Kini Trail

… teilweise gefühlt senkrecht bergauf über laubbedeckte Hänge.

Uphill zum Salober beim Kini Trail

Am höchsten Punkt angekommen, wurden wir mit einer schönen Aussicht und einem leicht absteigenden Trail zur Saloberalm belohnt. Von dort ging es schließlich über einen Forstweg hinunter, zurück zur VP1/2 am Alatsee.

Aussicht vom Salober beim Kini Trail

Kini Trail: Salober

Trail auf dem Salober

VP2 – VP3 (38,6 km)

Nach einer ausgiebigen Stärkung und einem netten Plausch mit dem Veranstalter Christian machten Melanie und ich uns wieder auf den Weg. Obwohl Christian zuvor noch extra erwähnt hatte, dass man im Flow leicht die Abzweigung zur Länderscharte verpasst… verpassten wir selbstverständlich die Abzweigung. Der Fehler fiel uns zum Glück bald auf und wir liefen zurück zu dem versteckten Pfad (nagut, es gab ein Schild, auf dem „Länderscharte“ stand, aber ANSONSTEN war es ein versteckter Pfad). Es ging steil hinauf und oben aufgrund der dichten Laubdecke eher weglos voran.

Länderscharte beim Kini Trail

Nach einem trailigen Downhill ging es auf einem breiten Forstweg weiter hinab. Obwohl es bergab ging, fühlte ich mich auf einmal ziemlich müde und meine Knie und Oberschenkel taten weh. Ich ließ Melanie und eine weitere (bis dahin noch unbekannte) Mitstreiterin voraus ziehen, da ich irgendwie mal langsam (noch langsamer!) machen musste. Letztlich war das energietechnisch vorteilhaft, da wir mal wieder an einer Abzweigung vorbeirannten und die anderen beiden mir kurz darauf wieder entgegenkamen. Ich hatte mir also ein paar Zusatzmeter gespart und war jetzt wieder vorne 😉

Doch da es nun einen Trail bergauf ging und ich gefühlt immer langsamer voran kam, ließ ich den beiden wieder den Vortritt und versuchte, zumindest in Sichtweite dran zu bleiben. Als wir kurz darauf die Ortschaft Bad Faulenbach und die Lechfälle kreuzten, konnte ich wieder aufschließen und mein Leid klagen. Jammern hilft – schon bald ging es mir besser. Nun lernten wir Luise – die Dritte im Bunde – auch namentlich kennen und plauderten auf dem Waldweg zum Schwansee fröhlich vor uns hin.

Kini Trail entlang des Schwansees

Nachdem wir den Schwansee umrundet hatten, kreuzten wir kurz eine Passage, die wir schon in der Früh gelaufen waren. Wie anders wirkte jetzt alles, im hellen Sonnenschein und mit 37 km und über 1000 hm in den Beinen!

Nach einem (vorerst) letzten Anstieg erreichten wir schließlich nach knapp 39 km die dritte Verpflegungsstation, oberhalb des Alpsees. Auch hier wurden wir überaus herzlich empfangen und bestens versorgt. Da wir nach etwa 5,5 km noch einmal hier vorbeikommen würden, verweilten wir nicht zu lange. Wir markierten ökologisch-bewusst unsere Becher und machten uns auf den Weg, den Alpsee zu umrunden.

VP3 – VP4 (44,1 km)

Auf einem sehr schönen Trail und schließlich auf einem etwas breiteren Wanderweg ging es nun einmal um den Alpsee. Ein Fotoshooting mit See- und Bergpanorama ließen wir uns natürlich nicht nehmen (auch wenn, im Nachhinein betrachtet, die Lichtverhältnisse deutlich zu wünschen übrig ließen).

Kini Trail entlang des Alpsees

Trotz Fotostops, wurzeliger Wege und vieler Touristen auf der Strecke legten wir unbemerkt an Tempo zu. Quantitativ unbelegte Hypothese: Nach der Marathondistanz wird so ein Ultra erstmal wieder leichter. Vielleicht war es auch die schöne Aussicht und das Wissen, gleich nochmal an der netten Verpflegungsstelle vorbeizukommen.

Nach einem kleinen Kulturschock (Touristen! Reisebusse! Asphalt!) am Fuße des Schloss Hohenschwangau erreichten wir diese schließlich und stärkten uns ein letztes Mal mit Erdnussbutter-Brotschnitten, Iso und Cola.

Kini Trail bei Schloss Hohenschwangau

VP4 – Ziel (~ 58 km)

Als wir uns erneut auf den Trail oberhalb des Alpsees begaben, waren wir guten Mutes und optimistisch, die letzten „10“ km alsbald in der Tasche zu haben. Da wussten wir (zum Glück?) noch nicht, dass noch 14 km mit gefühlt etlichen Höhenmetern vor uns lagen und wir erst 1:40 h später das Ziel erreichen sollten…

Wobei wir es nach dem Satz „Das Sahnestück dieses Laufes kommt halt erst am Schluss“ (plus Smiley!) in der Streckenbeschreibung hätten ahnen können. Bei dem „Sahnestück“ handelte es sich um einen wirklich schönen Trail, der sich weit oberhalb des Alpsees entlangschlängelt.

Aussicht vom Kini Trail

Doch so richtig genießen konnte ich ihn leider nicht. Denn nach einem Sprung von einer Wurzel schoss mir plötzlich ein stechender Schmerz in die rechte Gesäßhälfte. Obwohl das Stechen kurz darauf wieder verschwand, kam es in unregelmäßigen Abständen wieder, wenn ich Schritte bergab machte. Ich musste ein Stück gehen und verlor den Anschluss zu Melanie und Luise. Durch das Gehen wurde es zum Glück bald besser und ich konnte wieder lostraben.

Bald entdeckte ich auch die beiden Mädels wieder, die an einer Wegbiegung auf mich warteten. Auch wenn ich mich schlecht fühlte, die beiden aufzuhalten, war ich natürlich froh, die letzten Kilometer nicht alleine laufen und navigieren zu müssen. Naja, und vielleicht waren die Zwei ja auch ganz froh, durch mich eine Ausrede für ein Päuschen zu haben… 😉

Finaler Anstieg beim Kini Trail

Irgendwann hatten wir dann den eigentlich schönen, aber doch sehr hügeligen und kräftezehrenden Teil geschafft und es ging „nur“ noch bergab. Während die anderen beiden wie Gazellen hinunterhüpften, stapfte ich wie ein Maultier hinterher. Dafür war ich nun für die letzten drei eher flachen Kilometer erholt und sorgte dafür, dass km 58 unser schnellster des Tages wurde.

Im (natürlich schon Kilometer zuvor beschlossenen) Hahnertwin-Stil liefen Melanie, Luise und ich schließlich zusammen als „2. Frau“ und „10. gesamt“ nach 7:24:46 h über die Ziellinie. Und wer wird auf dem so prätentiös inszenierten Zielbild verdeckt…? Sehr witzig.

Zieleinlauf beim Kini Trail 2018

 

Kini Trail 2018: Ergebnisse

Zu guter Letzt: Random remarks

  • Der dubiose, stechende Schmerz im Boppes tauchte seit dem Zieleinlauf nie mehr auf. Auch alle anderen Zipperlein, die mir beim Kini Trail den ein oder anderen Kilometer versüßt haben (Knie, Fußgelenk, Hüftbeuger, …) verschwanden spätestens nach meiner Yin-Yoga-Session am Sonntagabend. Yoga rules.
  • Dass wir wohl ein bisschen zu viel geratscht haben und sich das nicht unbedingt über 7 Stunden lang mit der Lauf-Atmung verträgt, hat mir ein Muskelkater in meiner Zwischenrippenmuskulatur zu verstehen gegeben. Was es nicht alles gibt.
  • Es ist schön, bei einem Laufevent auch mal an den Verpflegungsstationen zu verweilen, zu plauschen und die Leckereien zu genießen. Bei Ultraläufen darf man das. Ich mag Ultraläufe.
  • Trotz prächtiger Verpflegung war mein Hunger am Abend und Folgetag des Kini Trails SEHR groß. Wie soll das nur nach einem längeren Ultra werden?
  • What’s next? XMas-Marathon am Brombachsee 🙂 Und danach wird wieder ernsthaft trainiert.

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